Ein Seil, das auf zwei Beinen stand,
und beide selbst so fest verband,
dass seine starke Spannkraft gab
dem Hochseiltänzer mit dem Stab
den lebensnotwendigen Halt
als Basis für die Kunstgestalt,
die er auf dem Seil darstellte,
wo sich Mut zur Kunst gesellte,
und die ihm viel Lob einbrachte,
da er nie ans Fallen dachte,
sondern sich fast majestätisch,
würdevoll und sehr athletisch
auf dem Hochseil fortbewegte,
was die Menschen so erregte,
dass sie staunten und erstarrten
wie vor einem ganz vernarrten
Schelm, der sie sehr stark berührte,
weil frech an der Nase führte.
© Meinolf Finke
Der alte Mann und das Meer
In sich ruhend, von Weisheit getragen,
fuhr der Alte fast täglich aufs Meer,
als Fischer mit Erfahrung beschlagen,
blieben die Netze dennoch oft leer.
Überfischung der Meere und Seen
führte zu großem Fischartenschwund,
dennoch gab es noch Nixen und Feen
einsam und traurig am Meeresgrund.
Der weise Alte machte sich Sorgen,
er blieb fortan fast immer zu Haus,
denn die Natur kann man sich nicht borgen,
stattdessen löscht der Mensch sie so aus.
Die Nixen und Feen kamen zuweilen
zu dem alten Fischer, sie gingen an Land,
um ihm ihre Ehrfurcht in Liebe zu zeigen,
weil er ihre Nöte und Ängste verstand.
Der kluge Fischer, mit Weisheit beschlagen,
schaute noch täglich besorgt auf das Meer,
doch wollte er sich nicht nach draußen mehr wagen,
wohl wissend, die Wasser war‘n trübe und leer.
© Meinolf Finke
Der Mohr und die Trüffel
Im Café steht ein kleiner Mohr
mit rotem Mund und schwarzem Ohr,
die bunte Weste aus Brokat
schimmert im Lichte sehr apart.
Den Turban trägt er voller Stolz,
die Pfeife ist aus Mandelholz,
die Pluderhosen weh‘n im Wind,
weil sie aus feinster Seide sind.
Der feine nette kleine Mohr
tritt aus der Confiserie hervor
und reicht den Herrschaften fürwahr
die edelsten Pralinen dar.
Zarter Schmelz zerfließt im Munde
während einer Trüffelrunde,
denn die süße Schokolade
ist zum Naschen nicht zu schade.
Viktor, der Pralinenmeister,
füllt in Trüffel Himbeergeister,
die dann zu den Menschen fliegen,
die vom Mohr die Trüffel kriegen.
Menschen seh‘n dann in Gedanken
Geister um die Tische wanken,
doch der kleine treue Mohr
bleibt so ruhig als wie zuvor.
© Meinolf Finke
Wolkenpferde
Die Farben des Himmels machen benommen,
sie wecken in mir die schönsten Gelüste,
mir ist so als ob der Himmel mich küsste,
so wundervoll sind die Farben verschwommen.
Wer hat nur den Weg zum Himmel erklommen,
wer schenkte der Schönheit nährende Brüste,
ich wäre so glücklich, wenn ich nur wüsste,
wer hat mich erhört, die Wünsche, die frommen.
Ist nun die Schönheit zum Höchsten erkoren?
Pferde schreiten galant, wenn sie nicht traben,
sie werden farbig in Wolken geboren.
An Turners‘ Himmel können wir uns laben,
er hat die Schönheit des Lichts eingefroren.
Sind auch wir bereit für des Himmels Gaben?
© Meinolf Finke
Schneewalzer
Nur der Mond schaut zu. Die winterliche Pracht
in den Bergen verzaubert. Das Morgenlicht
schimmert auf dem vereisten Bergsee. Es bricht
sich an den Schneemännern und weckt sie ganz sacht.
Schneemänner und -frauen verfallen der Macht,
das Leuchten der Augen in ihrem Gesicht
zeigt nur echte Freude, die groß ist und schlicht
und die ihren Lebensnerv spürbar entfacht.
Es wirbeln die Flocken, Sorgen verwehen,
Musik strömt von weit aus den Tälern empor.
Schon sieht man wie die Schneemänner sich drehen,
die Freude am Tanz bricht aus ihnen hervor.
Leben ist Freude, man muss nur verstehen,
wo es uns die Schönheit zum Höchsten erkor.
© Meinolf Finke
Windmühlen
Drei alte Windmühlen hinter den Deichen,
die ihre Flügel stets senken und heben,
haben einträchtig Gefallen am Leben
und werden geliebt als markantes Zeichen.
Was möchten die Drei noch alles erreichen,
wem gilt wohl all ihr gelassenes Streben?
Ihren Lebensmut erschüttert kein Beben,
denn längst sind gestellt ihre Zukunftsweichen.
Ein Reitersmann blickt hinab von dem Hügel,
die Mühlen sind in seiner Obhut und Gunst.
Ihn treibt es vorwärts, er lockert die Zügel,
da hebt sich die Weite aus dem Morgendunst.
Der Reiter hebt ab als wüchsen ihm Flügel
und sieht alles Leben als ganz große Kunst.
© Meinolf Finke
Goldregenzeit
Goldregenstaub befeuert meine Sinne,
Rauch steigt unsichtbar in die Atmosphäre,
während ich heiß entbrannt lyrisch gebäre,
ergriffen vom hellen Feuer der Minne.
Fruchtbarer Samen keimt und ich gewinne
das volle Vertrauen meiner Hetäre,
die ich beseligt glückselig verkläre,
dann schwindet der Rauch und ich halte inne.
Es dürstet der Geist bis Gedanken reifen,
fruchtbare Quellen aus Samen neu sprießen,
um die Lust des Lebens voll zu ergreifen.
Lasst den goldenen Regen sich ergießen,
um Früchte zu säen und zu versteifen
die Zukunft des Lebens und ihr Genießen.
© Meinolf Finke
Wasserspiele
Ein kleiner Park am Meer. Fontänen springen
aus dem alten Springbrunnen. Ganz im Stile
seiner Zeit zeigt er die munteren Spiele,
indem sich die Wasserstrahlen verschlingen.
Alles scheint dem Brunnen heut zu gelingen,
dabei zeigt er der Figuren so viele.
Er versprüht Freude und mit diesem Ziele
kann er sich den Tag sehr glücklich verdingen.
Nicht weit entfernt, am schönen Meeressaume,
scheinen Nixen dem Meerschaum zu entschlüpfen.
Sie kommen an Land, es ist wie im Traume,
beginnen im Reigen fröhlich zu hüpfen.
Gefühle halte ich nicht mehr im Zaume,
staune, wie zärtliche Bande sich knüpfen.
© Meinolf Finke
Der Kliffwanderer
Ein einsamer Weg – immer am Abgrund – zwängt
sich die Küste entlang. Dem Wanderer sticht
die Schönheit ins Herz. Im Abendsonnenlicht
schaut er übers Meer, an dem sein Leben hängt.
Schon in tiefen Gedanken verloren, drängt
es den Wanderer vorwärts. Große Weitsicht
verleiht ihm Flügel. Ein fester Entschluss bricht
sich Bahn, bis er sich fest im Herzen verfängt.
Schroffe Felsen jenseits des Abgrunds ragen
aus dem tiefblauen Meer. Den Wellen weichen
sie nicht, auch wenn sie sehr mächtig zuschlagen.
Woher kam der Entschluss, war es ein Zeichen?
Soll der Wanderer den Neubeginn wagen?
Er weiß, die Liebe wird ihn bald erreichen.
© Meinolf Finke
Das Schloss auf dem Lande
Auf alten Ansichten liegt es gediegen
im Lichte der Romantik. Nostalgie sticht
uns ins Auge. Noble Vergangenheit bricht
sich Bahn, doch bleibt zugleich seltsam verschwiegen.
Heut‘ noch scheint Stolz in den Mauern zu liegen,
aus denen leuchtet ein bezauberndes Licht.
Sie sind so beschützend, so schön und so schlicht,
hier kann man sich in Geborgenheit wiegen.
Das Schloss liegt inmitten von grünen Hügeln,
trotzend dem Sturm und bedrohlichsten Schauern.
Wer vermag schon seine Liebe zu zügeln,
wenn Sehnsucht gestillt wird. Die Freuden lauern
überall. Das Leben wird uns beflügeln,
da die schönen Entdeckungen fortdauern.
© Meinolf Finke
Der Leuchtturmwärter
Mit stoischer Ruhe nimmt er die Stiegen
des alten Leuchtturms. Vor der Düne brandet
das Meer. Viele Schiffe sind schon gestrandet
vor dieser Küste. Die Möwen umfliegen
den gebänderten Turm. Strandräuber wiegen
die Schätze des Meeres. Frisch angelandet
am Strand und sogleich fast wieder versandet
liegt Bernstein. Ihn gilt es, mutig zu kriegen.
Der Leuchtturmwärter verspürt die Einsamkeit
nicht. Ihn berauscht die Natur. Das Meereslicht
weitet ihm den Horizont. Er weiß, die Zeit
ist relativ. Seine weisheitliche Sicht
auf das Leben ist bestechend. Wie gescheit
sind wir, halten wir ehrlich mit uns Gericht?
© Meinolf Finke
Wintersonne
Die gelben Wintersonnenstrahlen schleichen
über die Felder, den Frost zu besiegen.
Noch ist der Morgen so friedlich gediegen,
dass ihn die Laute der Stadt nicht erreichen.
Hier, wo die Stunden so glücklich verstreichen,
perlmuttweiße Wölkchen überm Wald liegen,
scheinen sie den Tag in Freude zu wiegen,
bis sie am Abend vor dem Mond erbleichen.
Der schneeweiße Mond erobert unser All,
aus dem jeder Stern tief zu uns hinab blickt.
Geborgenheit finden die Tiere im Stall
und wir fühlen uns vorm Kamin gut bestrickt.
Am Morgen erscheint erneut der Sonnenball,
der unsre Gefühle so freudig beschickt.
© Meinolf Finke
Gut Sunder
Die Idylle perlt. In den Bächlein schäumen
rauschende Oasen, Störche bedachen
den alten Gutshof. Engelsgleich entfachen
Kinder bewegte Fröhlichkeit. Sie zäumen
ihre Träume nicht. Unter den Obstbäumen
gaukeln Schmetterlinge. Flatterweich machen
sie den Sommer zur Spielwiese. Wie Drachen
am Himmel verleiten sie uns zu Träumen.
Die bunten Wiesenfarbtupfer erquicken
das Auge, Froschkonzerte an den Teichen
der Sehnsucht schallen in den Abend, Wicken
umgarnen ihre Freunde. Kleine Zeichen
erregter Freude quirlen auf. Das Ticken
der Zeit vermag uns nicht mehr zu erreichen.
© Meinolf Finke
Die Meerjungfrau
Ein Mädchen im Meer in feinstem Gewande
zeigt sich nur selten, um für sich zu werben,
doch für ihre Schönheit würde ich sterben,
und ich empfinde dies gar nicht als Schande.
Das zierliche Mädchen schwimmt durch die Lande,
stürzt es aus Kummer mich noch ins Verderben,
wenn meine Liebe zu ihr liegt in Scherben?
Noch fühle ich zu ihr zärtliche Bande.
Der Jungfrau im Meere bin ich verfallen,
gern würd‘ ich ihr meine Liebe bekunden,
ich warte am Kliff, die Wogen, sie wallen.
Ein Liebesgefühl, so innig verbunden,
wird ihr Sirenengesang noch erschallen?
Ich warte am Strand und zähle die Stunden.
© Meinolf Finke
Lichtgestöber
Sonnenstrahlen durchbrechen das Winterkleid
der weiten Landschaft. Im Nebel gefangen,
sieht man, wie Bäume die Strahlkraft erlangen,
vor der man erblasst aus Ehrfurcht oder Neid.
Lichter verschwinden in der Unendlichkeit
weiß wirbelnder Flocken. Mit roten Wangen
lauschten Menschen, wie die Sibyllen sangen,
zu deuten mit Weisheit die Zeichen der Zeit.
Die Nebel ziehen, es kommt wie ein Beben,
Erkenntnis wird sichtbar in gleißendem Licht,
wie fruchtbar war all das Mühen und Streben.
Die offene Landschaft weitet unsre Sicht
auf das Erreichte in unserem Leben,
ein Schalk oder Schelm ist, wen dies nicht anficht.
© Meinolf Finke
Die Dame mit dem Bicyclette
Die Dame mit dem Bicyclette
war ausgesprochen hübsch und nett,
sie fuhr per Fahrrad durch Paris
fast schwebend wie im Paradies.
Den Strohhut trug sie sehr apart
auf ihrer großen Stadtrundfahrt,
ihr Rock wehte im Fahrtenwind,
wie schön, wenn Damen Engel sind.
Die feine Dame mit dem Hut
gefiel fast allen Männern gut,
sie schauten ihr meist hinterher
als wenn sie die Geliebte wär‘.
Doch stolze Pariser Schwäne
schmiedeten schon Rachepläne,
denn sie fühlten sich gekränkt,
was den Horizont beschränkt.
Stetig wuchs auch die Zahl derer,
die sie schützten, der Verehrer,
und die Schar der guten Leute,
die sich an ihr nur erfreute.
Bald schon sah man als Begleiter
junge starke Wegbereiter,
die grauen Gänse von Paris
führten sie nun durch‘s Paradies.
Nach der Erzählung ist es wahr,
dass dieser Dame nichts geschah,
jetzt weht ihr Rock im Fahrtenwind,
wo Damen holde Engel sind.
© Meinolf Finke
Das Feenversprechen
An urlaubsfrohen Sommertagen,
wenn unsre Herzen freier schlagen,
und Leichtigkeit den Tag ausfüllt,
ergeben sich Gelegenheiten,
die den ersehnten Weg bereiten,
der uns mit größtem Glück erfüllt.
So saß ich einst beim Meeresrauschen
am Strande, der Natur zu lauschen,
den Noten einer heilen Welt.
Ich lauschte dem Gesang des Windes,
dem lauten Lachen eines Kindes
und wie der Sand zu Boden fällt.
Dem Lichtspiel von Schönwetterwolken
bewundernd hat mein Blick gegolten,
da schritt ein Mädchen auf mich zu,
nur ob meiner Verträumtheit lächelnd,
sich fröhlich frische Luft zufächelnd,
und setzte sich in aller Ruh‘.
Das Mädchen sprach in weisen Worten
von Liebe, Glück und schönen Orten
und schien mir gleich wie eine Fee.
Sie weckte liebliche Gefühle,
ich sah mein Glück, doch spürte Schwüle,
und schon entfloh sie auf die See.
Mit Mut und Tatkraft aufgeladen,
ging ich nun in der Ostsee baden
und traf dort einen Schmetterling
in Form einer reizenden Dame,
Sybilla war ihr schöner Name,
den ich mit Charme und Stil einfing.
Ich ließ der Dame ihre Freiheit,
doch fortan schenkte sie ihre Zeit
dem stolzen Partner voller Glück.
Zwei Herzen hatten sich gefunden
und an dem Ort der schönsten Stunden
blieb nur die Sehnsucht still zurück.
© Meinolf Finke
Die Liebenden im Garten
Ein Liebespaar, sich zugewandt,
steht starr und nackt am Wasserrand,
es ist ein Tümpel mit Teichrosen,
wo sich Liebende liebkosen,
es sieht so aus als ob sie wüsste,
dass er ihr gleich die Wange küsste,
sie streckt die Arme ihm entgegen,
sehr zärtlich lächelnd seinetwegen,
doch ist auch er, der gerne küsste,
nur eine schöne Mamorbüste.
© Meinolf Finke